Manchmal kommen die Ideen an der Tankstelle

Das stand am Donnerstag, 13.10.2022, in den BNN:

Manchmal kommen die Ideen an der Tankstelle

Autorin Stephanie Schneider liest in Waldbronn aus ihrem Buch „Grimm und Möhrchen. Ein Zesel zieht ein“

Von unserer Mitarbeiterin Martina Erhard

Musik darf nicht fehlen: Autorin Stephanie Schneider und Buchhändler Sven Puchelt stimmen die Kinder zu Beginn der Lesung mit dem „Zesellied“ auf die Abenteuer von „Grimm und Möhrchen“ ein.Foto: Martina Erhard

Waldbronn. Die Lesung fängt schwungvoll mit Musik an: Im Waldbronner Lesetreff hat sich Buchhändler Sven Puchelt die Gitarre geschnappt und singt das „Zesellied“. Begleitet wird er von den Kindern und ihren Eltern, die dabei zuhören wollen, wie Autorin Stephanie Schneider aus dem Buch

„Grimm und Möhrchen. Ein Zesel zieht ein“, liest. „Das ist Möhrchen! Der kleine Zesel mit dem gestreiften Öhrchen“, heißt es da im Refrain.

„Dieses Lied ist vielleicht mit ein Grund, warum ich ganz besonders an der Figur Möhrchen hänge“, erzählt die Autorin. „Eigentlich bin ich ja kein Reihentyp, aber zu Möhrchen fallen mir noch sehr viele Geschichten ein“, verspricht Schneider, die erst vor wenigen Tagen für den ersten Band von „Grimm und Möhrchen“ mit dem Deutschen Kinderbuchpreis ausgezeichnet wurde. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Inzwischen ist der zweite Band rund um die Abenteuer von Buchhändler Grimm und dem Zesel Möhrchen, einer Mischung aus Zebra und Esel, erschienen, Band drei folgt im kommenden Frühjahr. „Das Lied inspiriert mich, weil ich sehe, wie die Kinder auf die Musik reagieren“, freut sich die 50-jährige Autorin, die in Hannover lebt und arbeitet und die eigentlich mal Grundschullehrerin werden wollte.

Wobei, eigentlich war das Schreiben schon immer ihre große Leidenschaft. „Als Kind war ich viel krank, weshalb mir das Lesen und das Schreiben Ersatzwelten geöffnet haben“, meint Schneider. Sie erinnert sich, dass sie in dieser Zeit, wenn sie nach dem Berufswunsch gefragt wurde, geantwortet hat, dass sie mal Astrid Lindgren werden wolle.

Das berufliche Schreiben nahm die Mutter von zwei Töchtern aber erst mit dem zweiten Erziehungsurlaub auf. „Damals war mir klar, dass ich etwas ändern wollte“, erzählt Schneider. Im Jahr 2004 war das. Seither sitzt sie täglich in einem Café, um dort zu schreiben. „Der Lockdown war schrecklich für mich, da ich in dieser Zeit nicht raus konnte“,

sagt sie und fügt hinzu, dass sie auch an Sonn- und Feiertagen den öffentlichen Schreibraum braucht. „An Weihnachten oder Neujahr ist es aber manchmal nicht so einfach, ein geöffnetes Café zu finden.“ Dann sieht man sie schon mal am Stehtisch einer Tankstelle, wo sie, mit Kopfhörern auf den Ohren, ihre Gedanken ins Laptop tippt.

Ist es denn schwierig, für Kinder zu schreiben? Schneider ist davon überzeugt, dass man sich bei den Kinderbüchern keinen Patzer erlauben darf. „Ist etwas langweilig, sind sie weg. Ist etwas unlogisch, sind sie weg“, sagt sie und fügt hinzu, dass man für die kleinen Leser alles „stark verdichten“ müsse. Sie erzählt, dass sie jede Seite mindestens 20 Mal korrigiere und dabei jedes einzelne Wort x-mal abwäge. Sich Geschichten auszudenken, fällt ihr leicht, denn „ich würde mich als kreativ bezeichnen, außerdem habe ich mir das ‚innere Kind‘ erhalten“. Sie schreibt also, was sie selbst gerne lesen würde. Hilfreich sind auch die Lesereisen: „Immer wieder kommen Anregungen von den Kleinen, und dieses Wechselspiel mit den Kindern macht einfach großen Spaß.“

Die Lesung in Waldbronn, zu der Sven Puchelt von der Buchhandlung LiteraDur eingeladen hat, fängt gleich mit einem Tipp an die Kinder an: „Wenn ihr tolle Ideen habt, schreibt sie auf. Vielleicht könnt ihr sie mal brauchen“, meint Schneider. Sie selbst hat Fotos von den Heften mitgebracht, in die sie als Kind ihre Fantasiegeschichten geschrieben hat.